Von SEO bis Hundefutter: Wie Jan Siebert mit NoCode, KI und Pop-up-Stores sein Business-Mosaik baut
Jan Siebert ist ein Unternehmer mit vielen Facetten: Online-Marketing-Experte, Plattform-Gründer, Hundefutter-Vertriebler und No-Code-Pionier. Im Gespräch mit Thorsten Wälde gewährt er einen tiefen Einblick in seine multiplen Einkommensquellen, technologische Experimente und die Gratwanderung zwischen Fokus und Vielfalt.
Wie bist du in die Selbstständigkeit gestartet, Jan? Gab es da ein Schlüsselerlebnis?
Ja, das gab es tatsächlich. Ich wurde damals gekündigt, was letztlich der Auslöser für meine Selbstständigkeit war. Anfangs war ich noch auf Jobsuche, aber das Arbeitsamt hat mir dann nahegelegt, mich selbstständig zu machen, da ich bereits viel Erfahrung im Online-Marketing hatte. Ich erhielt den Gründungszuschuss und startete 2017 mit dem Ziel, digitale Geschäftsmodelle aufzubauen.
Anders als viele Business-Coaches empfehlen, verfolgst du mehrere Projekte parallel. Warum?
Schon im ersten Businessplan hatte ich mehrere Säulen eingeplant: Videokurse, einen Blog sowie Online-Marketing-Dienstleistungen. Der Blog war langfristig gedacht, um über SEO-optimierten Content Affiliate-Einnahmen zu generieren. Die Dienstleistung brachte kurzfristig Geld, um die Anlaufzeit des Blogs zu überbrücken. Ich habe meine Zeit immer phasenweise verteilt, je nachdem, welches Projekt gerade im Fokus stand. Dieser mehrgleisige Ansatz war von Anfang an Teil meiner Strategie.
Gab es Phasen, in denen du dich damit verzettelt hast?
Definitiv. Irgendwann hatte ich bis zu acht Projekte gleichzeitig laufen. Da musste ich erkennen, dass es einfach zu viel war. Einige gute Ideen sind gescheitert, weil mir der Fokus und die Energie gefehlt haben. Ich habe gelernt, häufiger Nein zu sagen und mich auf die Projekte zu konzentrieren, die langfristig tragfähig sind.
Wie behältst du bei so vielen parallelen Baustellen den Überblick?
Ich arbeite fast ausschließlich mit digitalen Geschäftsmodellen, die mir Flexibilität geben. Ein Blogartikel muss erstmal ranken, bevor er Traffic bringt – diese Wartezeiten nutze ich für Kundenprojekte. Freelancing ist eine wichtige Einnahmequelle geworden, vor allem seitdem ich Unterstützung durch einen Mitarbeiter habe. Ich selbst konzentriere mich stärker auf Akquise und Projektmanagement. Das hilft mir, Projekte besser zu strukturieren und zeitlich effizienter zu arbeiten.
Du hast auch eine Plattform namens „Hallo Podcaster“ aufgebaut. Wie lief das?
Das Projekt ist inzwischen in der vierten Version. Gestartet sind wir 2020 mit einer einfachen Landingpage. Ziel war, Hosts und Gäste von Podcasts zu matchen. Anfangs war alles manuell – wir haben Formulare ausgewertet und Profile selbst gepflegt. Später kamen No-Code-Tools wie Webflow, Airtable, Zapier und dann WeWeb und Xano dazu. Heute ist die Plattform vollautomatisiert, stabil und nutzerfreundlich. Ich habe dabei viel über Datenbanklogik, User Journeys und Prozessoptimierung gelernt.
Du lernst aktuell sogar Full-Code mit KI-Unterstützung. Was ist die Idee dahinter?
Genau, ich baue aktuell eine interne App zur Berechnung von Hundefutterplänen. Die KI erstellt mir den Code, basierend auf User Stories, die ich beschreibe. Ich muss nur die Logik verstehen und die Anforderungen klar formulieren. Das ermöglicht mir, auch komplexe Anwendungen umzusetzen – ein riesiger Schritt für mich. Tools wie Cursor AI oder Bolt.new erleichtern das Ganze enorm. Ich bin kein Entwickler, aber ich lerne, wie man mit KI sehr produktiv arbeiten kann.
Ein weiteres Standbein ist dein Hundefuttervertrieb. Wie kam das?
Ich habe das Projekt vor zwei Jahren nebenbei gestartet, weil ich das Modell spannend fand: hochwertige, naturbasierte Produkte, wiederkehrende Einnahmen, kaum Verpflichtungen. Es basiert auf Direktvertrieb. Letztes Jahr haben wir sogar einen Pop-up-Store in Amberg betrieben, um das Produkt offline erlebbar zu machen. Es war eine völlig neue Erfahrung, direkt mit Kund:innen zu sprechen – und eine gute Erinnerung daran, warum ich die Freiheit des Online-Business so schätze.
Welche Rolle spielt Freelancing in deinem Portfolio?
Es ist wieder stärker geworden. Besonders unser Fokus auf Chimpify-Webseiten zahlt sich aus. Durch SEO-optimierte Inhalte und YouTube-Videos haben wir uns als Experten positioniert. Inbound-Anfragen kommen regelmäßig. Ich übernehme die strategische Arbeit und Kommunikation, mein Mitarbeiter setzt um. Das entlastet mich stark.
Du arbeitest auch mit No-Code-Tools. Welche Erfahrungen hast du gemacht?
Ich bin großer Fan. Projekte wie „Hallo Podcaster“ oder meine internen Plattformen habe ich fast ausschließlich mit No-Code gebaut – von Webflow über Airtable bis WeWeb und Xano. Man muss nicht programmieren können, sollte aber logisch denken und verstehen, wie Daten zusammenhängen. Der Zugang zur Produktentwicklung ist heute so niedrig wie nie.
Was sind deine aktuellen Lernfelder?
Aktuell arbeite ich mit KI-basierten Code-Editoren wie Cursor AI. Ich schreibe keine Zeile Code mehr selbst, sondern lasse sie generieren. Ich beschreibe, was ich brauche – z. B. eine Berechnungslogik für eine App – und lasse mir das Frontend und Backend automatisch bauen. So kann ich Software entwickeln, obwohl ich kein Entwickler bin. Das eröffnet viele neue Möglichkeiten.
Wie sorgst du bei so vielen Projekten für Balance?
Ich arbeite überwiegend im Homeoffice, bringe meine Tochter zur Kita, hole sie ab, esse mit der Familie. Montag und Freitag sind bei mir familientage. Natürlich bin ich bei neuen Projekten auch mal gedanklich abwesend, aber grundsätzlich habe ich eine gute Balance zwischen Work und Life. Familie hat Priorität.
Ein Buchtipp zum Schluss?
„Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ von Stefan Merath. Das war mein Einstiegsbuch ins Unternehmertum. Ich lese es immer mal wieder, um mich an die Grundprinzipien zu erinnern.